Die letzten Minuten vor dem Schweizer Freediving Rekord
60 min bis zum Official Top
Ich liege auf der Yoga-Matte, meine Arme sind über dem Kopf durchgestreckt, ich atme langsam ein und wieder aus, höre den Geräuschen meines Atems zu, während sich mein Brustkorb langsam rhytmisch auf und ab bewegt, die ersten Kontraktionen stellen sich ein.
Diese Übungen, absolviert vor dem Versuch simulieren bereits einige tiefe Tauchgänge und bereiten den Körper und die Psyche optimal auf die bevorstehende Belastung vor.
45 min bis zum Official Top
Ich ziehe meinen Anzug an, auch dies fast schon ein Ritual, alle Abläufe sind eingespielt, ich bin jetzt voll fokussiert, visualisiere die bevorstehende Performance und bin in Gedanken bereits tief unter Wasser,
30 min bis zum Official Top
Ich setze mich an den Uferrand, atme noch einige Male tief durch, setzt meine Maske auf, begebe mich ins Wasser und schwimme langsam zur Boje hinaus, welche das Safety-Team und die Kampfrichter zuvor aufgebaut haben.
Die Tiefe ist auf 25m eingestellt, diese dient dem «Warm-up dive» einige Athleten schwören auf diesen sogenannten «Eintaucher» er soll die CO2-Rezeptoren etwas abstumpfen, damit man im Unterwasser weniger Bedürfniss hat frühzeitig atmen zu wollen.
15 min bis zum Official Top
Ich lege mich mit dem Rücken auf meine Floats (Schwimmnudeln) neben der Boje, welche mir Auftrieb und Stabilität im Wasser gehen und atme einige Minuten ruhig und konzentriert ein und aus.
Dann tauche ich bereits ab, mein erster Tauchgang dient auch dazu um zu shen ob das Equipment richtig sitzt, der Druckausgleich funktioniert und hilft mir dabei mich auf die Kälte einzustellen, ab bereits -15m herrscht im Zürichsee eine Temperatur weit unter 10°C und dies das ganze Jahr durch.
An der Oberfläche beträgt die Temperatur knapp 20 grad Celsius, dies grossen Unterschiede gilt es genauestens zu berücksichtigen denn sie wirken sich extrem auf die Fähigkeit sich zu entspannen und den Druckausgleich aus.
5 min bis zum Official Top
Im Hintergrund höre ich die Kamprichter, wie sie die Zeiten ansagen;
«Threee Minutes to official top, two minutes”.. Ich atme langsam und stetig, durch ein paar Variationen in der Atmung kann ich noch etwas CO2 abatmen, was mir hilft den Atemreiz noch etwas zu unterdrücken.
«30 seconds!»..
Ich leere meine Lungen zum letzten Male komplett und atme dann voll ein, nach einigen zusätzlichen Packs drehe ich mich langsam noch unten, mache den ersten Druckausgleich noch an der Oberfläche und tauche ab.
Bei -15m höre ich den ersten Alarm meines Tauchcomputers, langsam komme ich in die neutrale Zone, ich bin nun austariert und nur noch 1-2 Armzüge / Beinschläge und mein Körper fängt langsam an zu fallen, «freefall» und ist für die meisten unter uns die angenehmste Phase, wo keine körperliche Anstrengung mehr nötig ist, man konzentriert sich ausschliesslich auf den Druckausgleich und eine entsapnnte Körperhaltung, damit man so wenig Widerstand wir möglich erzeugt und die Muskeln keinesfalls verkrampfen sollen.
Bei -25m höre ich einen weiteren Alarm, ist ist das Zeichen für mich zu «Chargen» das heisst, ich hole Luft aus meiner Lung und speichere dies im Rachenraum, verschliesse die Glottis und nutze diese Luft für den Druckausgleich.
-45m Ich erwache aus einem trance ähnlichen Zustand und schau kurz nach unten, wo ich bereits die Bottomplate mit den Tags, der Bottom-Cam erkennen kann. Hier unten ist es stockfinster aber das Szenario ist durch Halogen-Taucherlampen die unten angebracht sind hell erleuchtet. Ausserdem habe ich ebenfalls 2 kleine Lampen an meinem Halsblei montiert, welche das Bojen-Seil auf ganzem Weg beleuchten, so dass ich eine gute Referenz betreffend Geschwindigkeit und Richtung habe.
-50m «touch down!» Ich erreiche die Bottom-Plate und ergreife sofort einen Tag, welchen ich als Beweis, dass ich es bis unten geschafft habe den Richtern mit nach oben bringen muss. Eine Kamera filmt mich dabei, das Videomaterial dient später dafür ebenfalls als Beweis.
Ich mache eine Drehung vornüber, befestige das Tag an meinem Gürtel und mache mich zurück auf den langen Rückweg, ich konzentriere mich auf meine Technik und versuche alle Bewegungen nicht zu hastig auszuführen um Sauerstoff zu sparen.
Auf halbem Weg nach oben wird es wieder heller und ich kann bereits Daniel als ersten Sicherungstaucher erkennen welcher mich begleiten und mich sicher nach oben eskortieren, sollten mich meine Kräfte verlassen oder ereignet sich irgend ein Zwieschenfall sind sie jederzeit da einzuschreiten um mich zu unterstützen und im Notfall auch zu retten.
-5m
Ich kann klar schon von unten die Boje erkennen und mache mich für das Auftauchen bereit, im Kopf gehe ich nochmals das Protokoll durch welches ich vor den Judges abzulegen habe.
Korrekt Atmen, Maske absetzten, OK-Zeichen geben., weiter atmen und schon will der Kampfrichter mein Tag sehen, sie warten noch eine Weile bis ich endlich die erlösende Antwort höre: «white card»! die Bestätigung dass der Versuch gültig ist und sich die ganze Mühe der letzten Monate gelohnt hat.
Danach wird ausgiebig gefeiert, im Wasser noch mit allen Safetys und Judges.
Zuhause hänge ich meine nassen Tauchsachen auf dem Balkon, und fühle eine innere leere, der Druck fehlt mir schon wieder, in jeder Hinsicht.
Ich träume schon vom nächsten Abenteuer…
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"Unter Wasser kann man sich nicht vor sich selbst verstecken. |