Eisbaden - Was ist dran am Wim Hof Hype?
1.Was ist dran an der Wim Hof Methode?
Man kennt das Bild aus den sozialen Medien, eine Gruppe hochmotivierter Menschen springt unter lautem Geschrei in ein freies Gewässer inmitten einer Schneelandschaft irgendwo draussen in freier Natur, davor atmen alle nochmal wie wild ein und aus, als müssten sie nächstens in den Boxring steigen.
Jahrhunderte alte Technik neu erfunden.
In den letzten Jahren ist ein regelrechter ein Hype um die sogenannte Wim Hof Methode (WHM) von Wim Hof entstanden, er hat der Wissenschaft bewiesen, dass er gewisse Prozesse im Körper, wie z.b. die Körperkerntemperatur willentlich regulieren kann, was diese vorher für unmöglich hielt.
Diese Technik z.b. nennt sich «Tummo» stammt ursprünglich aus Tibet, wo sie von Mönchen im Himalaya-Gebirge schon vor Jahrhunderten ausgeübt wurde, also keinesfalls eine neue Sache.
2.Wim Hof-Methode: Kann man wirklich durch hyperventilieren das Blut mit Sauerstoff anreichern?
Wim Hof behauptet auch dass man durch diese Atemtechnik (Hyperventilation) sein Blut absichtlich mit Sauerstoff anreichern könne, was natürlich nicht stimmt, da das Blut im gesunden Mensch bereits bei normaler Atmung zu 95-99% mit Sauerstoff gesättigt ist und mehr als 21% Sauerstoff in der Atemluft nicht vorhanden sein kann.
Der Körper bekommt durch Hyperventilation also keinen zusätzlichen Sauerstoff zugeführt, denn das Atemminutenvolumen des Menschen wird hauptsächlich durch die CO2-Konzentration im arteriellen Blut geregelt, d.h. wenn wir zu schnell atmen z.b. unter Stress; damit senkt man aber nur den CO2 Gehalt im Blut und das ist es was wir als Freitaucher tunlichst vermeiden wollen.
Warum diese Technik Unterwasser lebensgefährlich sein kann, darauf kommen wir noch zu sprechen.
3.Die Kraft der Motivation
Nichts desto trotz hat er wohl vielen Menschen auf der Welt geholfen ihren «inneren Schweinehund» zu überwinden und zu lernen sich den Kräften der Natur auszusetzen.
Dies ist sicher sehr löblich, jedoch sollte es zumindest für jeden gesunden Menschen, welcher in nördlichen Breitengraden lebt, eine Selbstverständlichkeit sein, sich in aller Ruhe ein paar Minuten, nur mit Badehose bekleidet, im Eiswasser aufzuhalten; dafür braucht es keine App, kein Onlinecoaching und erst recht keine künstliche und unnötig herbeigeführte Atemtechnik.
Es ist ein natürlicher Instinkt aller Lebewesen, einschliesslich Säugetieren und damit auch uns Menschen, sich mit der Natur zu verbinden. Dadurch können wir wachsen, Grenzen überwinden und unsere Perspektive erweitern. Es scheint fast, als wäre diese innere Antriebskraft einigen von uns im Laufe der Evolution abhanden gekommen.
Nichts desto trotz sollte man solche intensiven Aktivitäten aber nie alleine ausführen denn auch ein erfahrener Eisschwimmer oder Freitaucher kann sich mal überschätzen, einen Muskelkrampf erleiden, oder anderen Problemen begegnen bei welchen wir Hilfe von einem «Buddy» benötigen.
Ich persönlich tauche über 40m tief bei 5 Grad Celsius Wassertemperatur in Speedos,; das ist nahe am Weltrekord aber trotzdem in keiner Weise eine übermenschliche Leistung, denn mit einer graduellen Adaption und dem richtigen Mindset kann dies jeder gesunde Mensch mit ein paar Jahren konstantem Training erreichen.
Insgesamt bietet Eisschwimmen und Freitauchen unter Eis ein unvergleichliches Erlebnis für alle die gerne Ihre Grenzen ausloten und sich der Herausforderung stellen wollen.
Doch ist auch Vorsicht geboten, um das Abenteuer nicht zur Gefahr für die Gesundheit werden zu lassen.
4. WHM auf dem Prüfstand: Was die Wissenschaft über die Methode von Wim Hof sagt
Warum die Wissenschaft die Kernaussage der WHM-Bewegung blind akzeptiert dürfte wohl vielen Laien als auch Experten ein Rätsel sein, denn wenn man zu schnell und zu viel atmet, sinkt der Kohlendioxidgehalt im Blut ab und es entsteht eine Störung im Säure-Basenhaushalt.
Dies bewirkt dass der Atemantrieb gehemmt wird; d.h. man trickst die Rezeptoren quasi aus und gaukelt dem Körper vor dass man noch lange nicht zu atmen brauche, weil, wie vorgängig erklärt, eben ein gesteigerter CO2-Gehalt im Blut den Reflex zum erneuten Atmen aussendet und nicht wie oft angenommen ein Abfall der Sauerstoffkonzentation im Blut, denn man sabotiert damit eigentlich absichtlich ein korrekt funktionierendes System.
Dies zu verstehen ist von grundlegender Bedeutung.
Wer es ganz genau wissen will, kann die Details dazu in diesem gut strukturierten Paper nachlesen:
5. Richtig Atmen; wie bewusst korrekt ausgeführte Atemübungen unsere Leistung im Alltag und im Wasser positiv beeinflussen können.
Eine korrekte Atemtechnik ist essentiell für das Freitauchen, einerseits um vor dem Tauchgang möglichst viel CO2 abzuatmen (ohne Hyperventilation) und damit einerseits die Tauchzeit zu verlängern und andererseits um die gesamte Muskulatur zu entspannen um so Sauerstoff zu «sparen».
Durch regelmäßiges Atemtraining kann die Lungenkapazität gesteigert werden, was sich positiv auf die sportliche Leistung auswirkt. Außerdem trägt eine verbesserte Atmung dazu bei, dass der Körper entspannt und durch den Sauerstoff ausreichend mit Energie versorgt wird.
Doch auch außerhalb des Wassers kann eine bewusste Atmung uns helfen, unser Leben besser zu meistern. Eine tiefe, ruhige Atmung ist ein probates Mittel, um Stress abzubauen und innere Ruhe zu finden. Wenn wir unter Druck stehen, neigen wir oft dazu, flach und zu schnell zu atmen.
Dadurch werden jedoch nur noch mehr Stresshormone ausgeschüttet und wir geraten in einen Teufelskreis aus Anspannung und Verspannung. Eine bewusste und kontrollierte Atmung hingegen kann dabei helfen, unsere Gedanken zu beruhigen und die Wahrnehmung zu klären.
Auch bei mentalen Blockaden oder Ängsten können gezielte Atemübungen helfen. Oftmals führen Gedankenkreise dazu, dass wir uns von Situationen blockiert fühlen. Durch eine gezielte Atemtechnik können wir die Gedanken unterbrechen und uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Das gibt uns die Möglichkeit, uns von inneren Blockaden zu lösen und wieder handlungsfähig zu werden.
Jedoch hat Hyperventilation nichts in der Vorbereitung für Freitauchgänge zu suchen, sie ist nicht nur kontraproduktiv, sondern so gefährlich, dass sie zu Ohnmacht oder gar Tod führen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine korrekte Atemtechnik nicht nur im Freitauchen von Vorteil ist, sondern auch im Alltag dazu beitragen kann, unsere körperliche und geistige Gesundheit zu verbessern. Durch regelmäßige Atemübungen können wir uns entspannen, Ängste abbauen und unseren Fokus schärfen.
Denken wir an dieser Stelle auch an die goldenen Regel im Freitauchen: Tauche NIE alleine!
Wenn Du noch nie eine Grundausbildung für Freitaucher gemacht hast, dann sprich mit einem unserer Instruktoren im Training über diese Möglichkeit einer Grundausbildung oder eines Atemtrainings. Am sichersten sind wir unterwegs wenn alle das gleich Grundprotokoll kennen und sich auch danach verhalten.
In diesem Sinne «safe dives!» und bis bald unter Wasser oder besser gesagt unter Eis.
Euer Valdy
"Unter Wasser kann man sich nicht vor sich selbst verstecken. |